Das Wichtigste in Kürze
Die Idee
Ready2Race digitalisiert die komplette Organisation von Turnieren, Rennen und anderen Sportevents – von der Anmeldung, über die Ablaufplanung bis hin zur Erstellung von Urkunden. So sparen Vereine Zeit, vermeiden Fehler bei der Planung und behalten den Überblick.
Die Technologie
Als modulare Pop-up-Lösung entwickelt, wird Ready2Race nur bei Bedarf gehostet und aktiviert, um Ressourcen zu sparen. Technisch baut Ready2Race auf einem funktionalen Ansatz mit dem eigens entwickelten Monaden-Stack Tailwind auf. Das Frontend basiert auf dem Framework React.
Warum Open Source?
Ready2Race wurde bewusst als Open-Source-Software entwickelt. So bleiben Vereine unabhängig und sind nicht an bestimmte Hersteller oder langfristige Lizenzkosten gebunden. Ebenfalls ermöglicht der quelloffene Ansatz, Ready2Race problemlos an bestimmte Sportarten oder Vereinsanforderungen anzupassen.
Die Idee
Auch wenn Rudern ein Hochleistungssport ist, der Mensch und Gerät alles abverlangt – eines mögen klassische Ruderer gar nicht: Wellen. Das stellt gerade Ruderclubs in Küstengewässern vor gewisse Herausforderungen. Weil nun aber Ruderer lieber auf dem Wasser als auf dem Rudergerät im Fitnessstudio sind und ihren Sport auch bei etwas raueren Bedingungen ausüben wollen, entstand in den 1980er Jahren das Küstenrudern, international als Coastal Rowing bekannt. Die Boote im Coastal Rowing sind kürzer, breiter und schwerer als klassische Regattaboote und müssen im Wasser größeren Belastungen durch Wellen und Strömungen standhalten als ihre Geschwister, die durchs glatte Wasser gleiten. Auch sind die Rennabläufe anders als beim Rudern, was die Organisation von Regatten komplexer werden lässt.
Dank seiner Lage direkt an der Flensburger Förde hat sich der traditionsreiche Ruderklub Flensburg e.V. schnell zu einer Hochburg für das Coastal Rowing entwickelt. Der Deutsche Ruderverband hat den Verein bereits damit betraut, eine Reihe von renommierten Wettkämpfen auszurichten. So findet seit 2021 eine jährliche Coastal Rowing Regatta in Flensburg statt. Hinzu kamen bereits zwei WM-Qualifikationen und 2024 die Deutsche Meisterschaft im Coastal Rowing.
Das alles schafft Aufmerksamkeit für den Sport und gleichzeitig eine Menge Arbeit für das ehrenamtliche Vereinsteam rund um Vorstandsmitglied Lukas Fehre, der selbst begeisterter Coastal Rower ist. Er beschreibt die Planung der ersten Regatten so: „Wir waren nachts um eins im Excel-Tunnel. Vier Wochen lang. Und trotzdem wussten wir nie genau, ob wir gerade alle Boote richtig geplant hatten.“ Zum Glück ist Lukas‘ Ehefrau Ilka ebenso begeistert vom Rudersport wie er. So konnten sie sich den immensen Aufwand immerhin etwas aufteilen.
Netzwerken beim Laternenumzug lässt den Funken überspringen
Ob beim Rudern oder in anderen Sportarten – Regatta- oder Turnierplanungen laufen in den meisten Sportvereinen immer noch klassisch und sind deshalb mit einem enorm hohen Zeitaufwand verbunden. Anmeldungen gehen per E-Mail ein und müssen strukturiert verarbeitet werden. Der Eingang von Start- und Meldegebühren oder die Kostenbeteiligung der Vereine für Unterbringung und Verpflegung der Athletinnen und Athleten werden in einer Exceltabelle getrackt, Rennpläne werden per Hand auf Papierrollen aufgeschrieben. Änderungen unter Zeitdruck, auf dem Steg, bei Wind und Wetter nachzutragen ist eine Herausforderung. All das ist ineffizient und naturgemäß auch eine nicht zu unterschätzende Fehlerquelle.
Die Wende für den Ruderklub Flensburg kam beim Laternenumzug der Kita. Dort traf Lukas Fehre auf Lars Eichner, Mitgründer und Co-CEO des IT-Dienstleisters lambda9. „Ich habe ihm unser Dilemma so geschildert: Wir können Regatten organisieren, aber wir ersticken in der Verwaltung“, erinnert sich Fehre. Eichner erkannte in Fehres Problem ein interessantes Digitalisierungsprojekt, dessen Mehrwert inzwischen nicht nur dem Ruderklub Flensburg, sondern auch anderen Vereinen in Schleswig-Holstein und über die Landesgrenzen hinaus das Leben einfacher macht.
Die Vision war klar: Eine modulare Webanwendung sollte her, die alle Prozesse einer Regatta digital abbildet – von der Anmeldung über die Rennplanung bis zur Urkundenerstellung. Schnell wurde aus der Idee ein Prototyp. Und aus dem Prototyp entstand mit Ready2Race ein digitales Rückgrat für eine Vielzahl von Sportwettkämpfen. Entwickelt für das Coastal Rowing, eignet sich Ready2Race darüber hinaus für jede Disziplin, die mit Rennen, Turnieren, Paarungen, Teilnehmermanagement und sogar Livestream arbeitet. Und ganz nebenbei zeigt das Projekt, was Open Source made im echten Norden im Sport leisten kann.
Modulares Webtool für Turnier, Rennen und Wettkampf
Bereits mit der Registrierung für eine Regatta entlastet Ready2Race die Ehrenamtlichen spürbar. Denn Vereine melden ihre Sportler jetzt über ein intuitives Webformular an und nicht mehr per E-Mail. Die Daten laufen automatisch in die zentrale Veranstaltungsdatenbank, ohne dass jemand sie manuell sortieren oder übertragen muss. Wenn die entsprechenden Bedingungen des Deutschen Ruderverbands oder anderer Sportverbände hinterlegt sind, kann Ready2Race prüfen, ob jeder Athlet und jede Athletin über die erforderlichen Startberechtigungen verfügt. Es entsteht ein vollständiges Bild der Veranstaltung, lange bevor das erste Boot im Wasser liegt.
Basierend auf den eingegangenen Informationen erstellt Ready2Race eine Rechnung und verschickt sie. Allein diese Funktion erleichtert das Leben von Lukas Fehre und seiner Frau Ilka in der Regattavorbereitung enorm. Vorbei sind die Zeiten, in denen sie Stunde um Stunde damit zubrachten, Word-Vorlagen auszufüllen oder Rechnungsnummern zu pflegen.
Gerade bei mehrtägigen Events ist auch die Verteilung von organisatorischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die vielen Helferinnen und Helfer lassen sich nun einfach in Schichtplänen einteilen. Sie sehen auf einen Blick, wann sie an welcher Station im Einsatz sind und wissen immer genau, was zu tun ist.
Die entscheidende Länge voraus
Das Herzstück von Ready2Race ist der Rennplaner. Basierend auf den Anmeldungen generiert die Software eine Struktur für alle Rennen vom ersten Vorlauf bis zum Finale. Bei kurzfristigen Ausfällen etwa durch Krankheit generiert das Tool in Sekundenschnelle neue Rennpaarungen. Mit einem digitalen Regattaausweis ausgestattet, checken sich die Teilnehmenden beim An- und Ablegen des Bootes ein und aus. So ist jederzeit dokumentiert, wer sich auf dem Wasser befindet.
Ready2Race spielt damit auch für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter seine Stärken voll aus. Diese haben nun die Rennansetzungen auf einem Tablet digital vor sich und nicht mehr auf Papierausdrucken, die im Wind auch mal abhandenkommen können. Auf einen Blick ist ersichtlich, welche Boote startbereit sind, ob Startnummern korrekt vergeben wurden und ob auch sonst alle Voraussetzungen erfüllt sind, um am Rennen teilnehmen zu dürfen.
Auch nach dem Ziel noch am Start
Mit dem Zieleinlauf der Boote im Finale ist eine Regatta für die Veranstalter noch lange nicht vorbei. Deshalb haben Fehre, Eichner und das ganze Team auch an Funktionen für eine effiziente Nachbereitung gedacht. Ready2Race stellt die Daten für den Druck der Urkunden bereit und generiert Ergebnislisten für die Kommunikation und die Meldungen beim Ruderverband.
Um aus der Idee ein wegweisendes und innovatives Produkt werden zu lassen und das auch finanziell stemmen zu können, bewarben sich die Projektbeteiligten um Finanzmittel im Rahmen des Landesprogramms Offene Innovation des Landes Schleswig-Holstein. Über den DigitalHub.SH wurde die Entwicklung von Ready2Race sowohl finanziell als auch strukturell unterstützt.
Den Horizont fest im Blick
Weil gerade im Sport Gutes immer noch besser werden kann, hat das Team rund um Ready2Race schon Ideen für weitere Entwicklungsschritte. So entsteht gerade ein definierbarer Ablaufplan, aus dem heraus das System vollautomatisch ein Zeitplan für das Rennen oder die Regatta erstellt. Damit wird dann auch dieser aktuell noch manuelle Arbeitsschritt digitalisiert sein.
Ein weiterer komplexer Baustein der Rennplanung, das Management von Leihbooten, ist ebenfalls schon im Visier der Entwickler. Um etwa Doppelbelegungen zu vermeiden, muss eindeutig festgelegt sein, wer welches Boot in welchem Lauf nutzen darf. Künftig ist deshalb für Ready2Race angedacht, jedes Boot als eigene Ressource im System zu hinterlegen – inklusive Bootstyp, Platzanzahl und Verfügbarkeit. Bei der Rennplanung kann das System dann berücksichtigen, ob Boote überlappen. Es passt Startzeiten an oder schlägt Alternativen vor.
Neben diesen beiden Funktionen haben Lars Eichner und Lukas Fehre eine Reihe weiterer Ideen, mit denen sie Reday2Race in Zukunft noch schlagkräftiger machen wollen.
Die Technologie
Pop-Up-Lösung statt Dauerbetrieb
Ready2Race ist als Pop-up-Lösung gebaut. Das heißt, es wird ab einem bestimmten Zeitpunkt vor der Regatta in Betrieb genommen und nach Abschluss aller Nacharbeiten wieder deaktiviert. Renndaten und sonstige wichtige Informationen lassen sich selbstverständlich archivieren und bei späteren Rennen erneut einsetzen. Dieser Ansatz hat den großen Vorteil, dass Ressourcen wie Serverkapazitäten nur für den Zeitraum des tatsächlichen Einsatzes genutzt und bezahlt werden müssen. Außerdem ist die Anwendung modular aufgebaut und lässt sich leicht in die Webseite des ausrichtenden Vereins integrieren. Veranstalter von Regatten, Rennen oder Turnieren müssen also nicht den vollen Umfang von Ready2Race nutzen, sondern können gezielt die Funktionen aktivieren, die sie brauchen. Gehostet werden kann die Lösung wahlweise auf einem eigenen lokalen Server oder in der Cloud.
Lars Eichner und sein Team von lambda9 leben in ihrem Unternehmen Open Source. Vor allem deshalb ist Ready2Race keine Blackbox, sondern transparent als Open Source-Lösung gedacht und gebaut. Das Frontend basiert auf dem React-Framework. Dabei handelt es sich um eine JavaScript-Bibliothek, mit deren Bausteinen sich Oberflächen für Webseiten oder Apps gestalten lassen. Eichner und die Kollegen orientieren sich beim Design und der Optik des Nutzer-Interfaces an einem Kooperationsprojekt von Schleswig-Holstein und Hamburg mit dem eingängigen Namen KERN. Mit diesem wollen die beiden Bundesländer einen bundesweiten Standard für digitale Angebote der öffentlichen Verwaltung auf den Weg bringen.
Eigener Stack
„Wir verfolgen in der Softwareentwicklung einen funktionalen Ansatz“, erklärt Eichner. Beim funktionalen Entwickeln entstehen Lösungen unter anderem durch das Zusammensetzen von Bausteinen aus so genannten Monaden. Eine Monade fasst Werte und bestimmte Abläufe in einer Art Verpackung zusammen, wodurch diese strukturiert und vereinfacht werden. Sie sind praktische Werkzeuge, mit denen Software-Entwickler Abläufe sicher, modular und sauber programmieren können.
„Im Rahmen dieses Projekts haben wir unseren selbst entwickelten Monaden-Stack namens Tailwind eingesetzt. Allerdings hatten wir diesen bisher noch nicht in der Open Source-Welt publiziert, da in der Dokumentation noch ein paar Lücken klafften. Diese haben wir parallel zur Entwicklung von Ready2Race geschlossen, so dass wir nun auch unser eigenes Stack der Community zugänglich machen konnten.“
Sämtliche Daten werden in einer PostgreSQL-Datenbank gespeichert. Diese gilt in Entwicklerkreisen als eine der fortschrittlichsten und leistungsstärksten Open Source-Datenbanken. Die Funktionen im Backend der Ready2Race-Anwendung sind mit der Programmiersprache Kotlin entstanden, die sich als Standard unter anderem in der Entwicklung von Android-Apps durchgesetzt hat. Kotlin bietet zahlreiche Vorteile, darunter eine einfache und prägnante Syntax und hervorragende Interoperabilität mit Java.
Warum Open Source?
Philosophie statt Lizenz
„Aus meiner Vorstandsarbeit weiß ich, wie wichtig es ist, Wissen und Erfahrung auch über den eigenen Verein hinaus miteinander zu teilen“, sagt Lukas Fehre. Genau deshalb ist Ready2Race nicht als kommerzielles Renn-Managementsystem ersonnen worden. Vielmehr soll es die Arbeit von sportbegeisterten Ehrenamtlern erleichtern und dafür sorgen, dass deren Zeit nicht mit Excel-Listen und Zettelwirtschaft vergeudet wird. „Wir wollten ein Werkzeug schaffen, das hilft“, unterstreicht Fehre.
Dieser Gedanke und die Begegnung mit Lars Eichner führte schnell dazu, Ready2Race als Open Source-Software zu konzipieren und zu entwickeln. Mehr noch: Die Lösung ist nicht spezifisch auf die Anforderungen des Coastal Rowing zugeschnitten, sondern kann in vielen weiteren Sportarten eingesetzt werden, um Turniere und Rennen zu planen, zu organisieren und zu managen. Damit entsteht ein großes Potenzial, um Ready2Race weit über den Flensburger Verein und den Rudersport hinaus zu nutzen. Vereine oder Sportverbände können die Software mit eigenen Weiterentwicklungen an ihre Bedürfnisse anpassen und diese ebenfalls unter Open Source-Lizenzen verfügbar machen.
Unabhängig und flexibel bleiben
Wie bei vielen Open Source-Lösungen gibt es auch kommerzielle Varianten von Ready2Race. So bieten beispielsweise chinesische Hersteller von Rennbooten an, beim Kauf dieser Boote eine entsprechende Software gleich mitzuliefern. Für Lukas und Ilka Fehre und den Vorstand des Ruderklub Flensburg kam der Einsatz einer solchen Lösung aber nicht in Frage. Abgesehen von Fragen des Datenschutzes sind solche fertigen Systeme unflexibel und statisch. „Man macht sich als Verein ein Stück weit abhängig von einem Hersteller, was wir natürlich nicht möchten.“
Außerdem bietet Open Source langfristig eine budgetschonende Alternative zu teuren Lizenzmodellen, die oft in jahrelangen Verträgen münden. „Monatliche oder jährliche Lizenzgebühren für eine Rennsoftware zu zahlen, ergibt für Sportvereine gar keinen Sinn, wenn sie die Lösung vielleicht nur zwei- oder dreimal pro Jahr benötigen“, gibt Lukas Fehre zu bedenken.
Olympia 2028 mit Ready2Race?
Dass der Ruderklub Flensburg in Kooperation mit lambda9 und DigitalHub.SH ein gutes Gespür für den Bedarf an einer solchen Lösung bewiesen hat, zeigt das große Interesse an Ready2Race aus aller Welt. Bereits jetzt gibt es Anfragen aus Frankreich, Tunesien, Griechenland und Brasilien. Denn die Probleme sind überall ähnlich: zu wenig Personal, zu viel Papier, zu wenig Zeit.
World Rowing, der internationale Dachverband für den Rudersport, hat Ready2Race ebenfalls schon auf dem Radar und das System bereits im Einsatz genau unter die Lupe genommen. Das öffnet der Lösung von der Förde die Türen in die Welt des Spitzensports. Die Blicke der Coastal Rower aus Flensburg richten sich vor allem auf Los Angeles, wo ihre Sportart bei den Olympischen Spielen 2028 erstmals Teil der offiziellen Wettkämpfe sein wird.
Auch hierzulande entsteht bereits eine Community rund um Ready2Race. Entwickler tauschen sich aus, Vereine fragen nach Schulungen, Bildungseinrichtungen wollen Projekte starten. Mit Ready2Race zeigt sich also wieder einmal, dass mit einem engagierten Team, dem richtigen Spirit und der Partnerschaft zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Politik aus etwas vermeintlich Kleinem etwas Großes entstehen kann.
Projektdetails
Partner
Ruderklub Flensburg e.V.
lambda 9 GmbH
> zum openCode/Repo
> ready2race.de
Bei Fragen rund um das Projekt hilft unser Projektmanager Jörg weiter: